Neufahrzeug bereits bestellt – Kein Risiko zur Anschaffung eines Interimsfahrzeugs

Was geschieht, wenn ein Unfallgeschädigter bereits vor dem Schadenereignis einen Neuwagen bestellt hat, dieser aber noch nicht geliefert wurde? Muss er während der Wartezeit auf eigene Kosten ein Ersatzfahrzeug anschaffen? Das Landgericht Augsburg sagt klar: Nein.

Im zugrunde liegenden Fall hatte der Geschädigte eines Haftpflichtschadens bereits vor dem Unfall verbindlich einen Neuwagen bestellt. Aufgrund der unklaren Lieferzeit bat der Anwalt des Geschädigten den eintrittspflichtigen Versicherer um eine Kostenzusage für ein Interimsfahrzeug, also ein übergangsweise genutztes Ersatzfahrzeug. Der Versicherer lehnte dies kategorisch ab.

Später vertrat derselbe Versicherer allerdings die gegenteilige Meinung und behauptete, der Geschädigte hätte sich ein Interimsfahrzeug beschaffen müssen – da der neue Wagen letztlich erst im Februar geliefert wurde. Doch das Gericht folgte dieser Argumentation nicht.

Das LG Augsburg stellte klar: Es sei dem Geschädigten nicht zumutbar, ein Interimsfahrzeug auf eigenes Risiko zu kaufen – insbesondere dann nicht, wenn der Versicherer auf Nachfrage eine Kostenübernahme ausdrücklich ablehnt. In einem solchen Fall trägt der Versicherer die Konsequenz der verzögerten Ersatzbeschaffung und ist verpflichtet, Nutzungsausfallentschädigung für den gesamten Zeitraum bis zur Neuwagenlieferung zu zahlen.

(LG Augsburg, Urteil vom 10.11.2016, Az. 101 O 1089/16)

Fazit: Lehnt ein Versicherer die Übernahme der Kosten für ein Ersatzfahrzeug ab, kann er sich später nicht darauf berufen, dass der Geschädigte sich dennoch eines hätte beschaffen müssen. Eine klare Entscheidung zugunsten der Geschädigtenrechte bei der fiktiven Fahrzeugnutzung.